Ways of Seeing Abstraction:
Rana Begum, WP 410-412, 2020

Abstraktion, darunter verstehen die meisten Menschen noch immer eine Konzentration auf die Form. Eine Kunststr�mung, mit der �sthetische Ideen, Ordnungen, philosophische Ideen oder innere Gef�hle zum Ausdruck gebracht werden k�nnen – die aber mit der allt�glichen Lebenswirklichkeit nicht viel zu tun hat. Doch gerade in von Krisen gekennzeichneten Zeiten werden auch von der Kunst Relevanz und Dringlichkeit erwartet, eine Aussage zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. K�nstlerisches Engagement vermittelt sich dabei heute nicht ausschlie�lich durch klare visuelle Botschaften und Inhalte – sondern immer mehr auch durch die Abstraktion. Gerade f�r j�ngere Generationen ist die gegenstandslose Kunst das Mittel der Wahl, um Politik, Religion oder soziale Fragen zu thematisieren. Mit Werken aus der Sammlung Deutsche Bank unternimmt die Ausstellung „Ways of Seeing Abstraction“ im PalaisPopulaire eine durchaus subjektive Bestandsaufnahme der internationalen Abstraktion von der Nachkriegsmoderne bis in die j�ngste Gegenwart – und dokumentiert die Vielfalt und Diskursivit�t, die sich hinter der Idee der gegenstandslosen, „reinen“ Form verbirgt. Anl�sslich der Schau zeigen wir Ihnen in unserer Serie Arbeiten von K�nstler*innen, die Abstraktion eigenwillig nutzen und auf neue Weise definieren.


Rana Begum, WP 410-412, 2020
� Begum Studio & Jhaveri Contemporary


Sie k�nne sich gut an das unterschiedliche Licht in Bangladesch und dann in London erinnern, wo sie an einem sonnigen Wintermorgen ankam, um dort zur Schule zu gehen, sagt Rana Begum. Das Licht in der alten Heimat sei frisch und klar. in Gro�britannien tr�ber, aber um viele Farbnuancen reicher. Alles in Begums Werk dreht sich um die Erfahrung von Licht. So auch bei dieser Studie f�r eine Wandarbeit. „Es gibt da etwas bei der Arbeit mit Papier, das ein Bed�rfnis in mir ausl�st, zu sp�ren und zu f�hlen. Ich fand dieses Transparentpapier, das es mir erm�glicht, Zeichnungen zu schaffen, die auch durchscheinend und leicht sind, die sich frei anf�hlen.“

Begum ist von der geometrischen Abstraktion des Minimalismus und des Konstruktivismus beeinflusst, von Agnes Martins transzendenten Bildern oder Donald Judds Stahlkuben. H�ufig arbeitet sie mit industriellen Materialien wie Stahl, Aluminium, Kupfer oder Plexiglas. Daraus entstehen fast schwerelos anmutende Skulpturen und Wandarbeiten, die die Sinne des Betrachters sensibilisieren – f�r den Raum, jede Bewegung, jeden Lichteinfall. Begums Werke haben neben der klaren Form immer auch etwas Poetisches, Spirituelles. Das findet sie in allt�glichen Materialien wie in den Geometrien traditioneller islamischer Kunst, vor allem aber in den Erinnerungen an ihre Kindheit in Bangladesch: die wogenden gr�nen Reisfelder und das Licht auf dem Wasser, das sie stundenlang beobachten konnte.